Warum der Zins so wichtig ist.
Im Jahr 2022 waren die Effekte einer Veränderung der Leitzinsen auf Aktien, Anleihen und Gold besonders gut zu beobachten. Erfahre, welche Mechanismen dahinter stecken und was es für eine Geldanlage bedeutet.
In diesem Beitrag möchten wir auf die Wirkweisen steigender Zinsen auf die drei wichtigsten Anlageklassen Aktien, Anleihen und Gold eingehen und erläutern, weshalb die Märkte derzeit so stark auf Veränderungen sowie Prognosen reagieren.
1. Aktien:
Mit steigenden Zinsen sinkt der Gegenwartswert von Unternehmen.
An den Börsen wird „die Zukunft“ gehandelt. Börsenkurse bilden den heutigen Wert des erwarteten, zukünftigen Wertes eines Unternehmens ab.
Um zu ermitteln, welchen Wert ein Unternehmen heute hat, werden dessen zukünftige Erträge mit einem Zinssatz diskontiert (auch abzinsen genannt). Analysten berechnen den heutigen Wert von zukünftigen Gewinnen, z.B. von 1 Million Euro, die 10 Jahren erzielt werden.
Diese diskontierten zukünftigen Gewinne bilden den Börsenkurs für ein Unternehmen zum heutigen Datum. Dabei gilt: Je höher der Zins, desto weniger ist ein künftiger Gewinn heute wert.
Riskante Geschäftsmodelle werden mit einem Risikoaufschlag auf den jeweils gültigen Marktzins diskontiert. Selbiges gilt für Unternehmen, deren Gewinne erst in ferner Zukunft liegen. Beides gilt insbesondere für viele Tech-Unternehmen, die in den vergangenen Jahren das Börsenwachstum maßgeblich angetrieben haben. Die Kurse dieser Unternehmen reagieren daher besonders stark auf Zinsanstiege. Doch auch Unternehmen mit stabileren Geschäftsmodellen unterliegen der Diskontierung mit höheren Zinssätzen. Infolgedessen verringern sich insgesamt die Gegengwartswerte und damit die Börsenkurse auf breiter Linie.
a. Bei schnell steigenden Zinsen Risiken für Aktien konsequent eingrenzen und Verluste minimieren.
Auch wenn eine sogenannte „Bärenmarkt-Rallye“ (kurze Erholung im fallenden Trend) ausgelassen wird.
b. Nach Stabilisierung die gute Startposition und das positive Momentum nutzen.
Wir haben eine Momentum-Komponente in unseren Anlagestrategien. Sie enthält Unternehmen, die sich in den vergangenen Monaten überdurchschnittlich gut entwickelt haben. Mehr zur Einführung der Momentum-Strategie in diesem Beitrag.
2. Anleihen:
Neue Titel werden mit höheren Zinsen attraktiver, alte verlieren.
Mit Anleihen leiht man einem Staat oder Unternehmen Geld und erhält während der Laufzeit eine Verzinsung (den Coupon) sowie am Ende der Laufzeit den gesamten geliehenen Betrag wieder zurück. Hierbei sind die Laufzeit und Verzinsung fix, beides kann nicht angepasst werden.
Verändern sich Marktbedingungen, kann sich nur der Kurs der Anleihe daran anpassen. Dabei gilt eine inverse Beziehung: Steigen die Zinsen, dann sinkt der Kurs bestehender Anleihen.
Ein Beispiel:
AnlegerInnen haben die Wahl zwischen einer bestehenden Anleihe A (1% Verzinsung, Kurs 100€) und einer neu emittierten Anleihe B (4% Verzinsung, Kurs ebenfalls 100€). Anleihe B ist solange attraktiver bis der Kurs von Anleihe A für den Zinsunterschied von 3% entschädigt. Indem der Kurs, je nach Laufzeit, z.B. auf 91€ sinkt.
Die Folge eines Zinsanstiegs: Die Kurse von Anleihen sinken, weil neu ausgegebene Anleihen höher verzinst werden.
Für den künftigen Kurs von Anleihen ist entscheidend, ob das Zinsniveau weiter steigt. Solange erwartet werden muss, dass Leitzinsen weiter erhöht werden, ist ein Einstieg in Anleihen nicht attraktiv. Deren Kurs würde bei einem weiteren Zinsanstieg fallen.
c. Vorsichtig bleiben und auf klaren Trend warten.
Wie bei Aktien, bewerten wir ebenfalls den Anleihenmarkt täglich neu. Durch die Zins- und Laufzeitbindung sind Anleihen weniger flexibel als Aktien und so lassen wir hier besonders viel Sorgfalt bei der Auswahl walten.
3. Gold:
Gold ist zinslos.
Gold wird nicht verzinst. Der Goldpreis spiegelt indes indirekt Veränderungen des Zinsniveaus wider.
Im Jahr 2022 waren Zinssteigerungen der Zentralbanken eine Reaktion auf hohe Inflationsraten bei einer gleichzeitigen Gefahr einer möglichen Rezession. Gold bietet mit seiner wertsichernden Eigenschaft einen Schutz vor Inflation und Rezession. Somit führen beide Faktoren dazu, dass der Goldpreis steigt.
Ein weiterer Aspekt ist der Wechselkurs zwischen US-Dollar und Euro. In 2022 hat der US-Dollar gegenüber dem Euro an Wert gewonnen, unter anderem getrieben von einem höheren Zinsniveau der FED im Vergleich zur europäischen EZB. Da Gold in US-Dollar gehandelt wird, fiel der Zuwachs des Goldpreises in Euro gerechnet etwas geringer aus. Die wertsteigenden Faktoren überwiegten jedoch.
d. Gold zur Stabilität ins Portfolio mischen.
Gold ist in unklaren Marktlagen ein Stabilitätsanker und aus unserer Sicht eine notwendige Diversifikation eines balancierten Portfolios.
Fazit.
Veränderungen des Zinses wirken sich direkt oder indirekt auf Kurse von Aktien, Anleihen und Gold aus. Wichtig für AnlegerInnen ist eine Planbarkeit des Zinsniveaus. Steigen die Zinsen und herrscht gleichzeitig Unsicherheit über die Höhe künftiger Zinsen (so wie in 2022), dann fallen die Kurse von Aktien und ebenfalls von Anleihen. AnlegerInnen suchen dann nach Sicherheit und legen in Gold an oder halten die Assets in Bar.